Der Wolf, der Vielfrass, kommt auf die Idee, was er gefressen hat, auch dokumentieren zu wollen. Dann, meint er, habe er gleichsam doppelt gefressen – mit dem unersättlichen Bauch und auch mit einem nachzulesenden Buch. Er denkt, was er gefressen hat, hinterlässt doch nach einer Weile wieder Hunger. Was im Buch aber aufgeschrieben sei, das könne er immer wieder geniessen. Denn sein Wahlspruch ist: Wer hat, der hat. Und weil er immer auch geizig ist und an dem zweifelt, was er hat und ob er genug hat, will er nun doppelt haben, das Gefressene und das Geschriebene.
Nun geht er zu seinem Freund, dem Fuchs und schlägt ihm vor, man könne doch gemeinsam Qualitätssicherung probieren. Dem Fuchs leuchtet das ein, er ist nicht dumm, das könnte ihm auch nutzen, man wird ja sehen.
Nun gründen sie einen Verein. Der Wolf will einen Verein für Wölfe und Füchse zusammen. Aber der Fuchs ist schlauer, er will sich eine Hintertür offen lassen und meint, zwei Vereine wären besser – einer für Füchse, einer für Wölfe und die könnten ja dann zusammen arbeiten. So gründen sie den Zentralverband der Wölfe und die freie Vereinigung für Füchse. Auf einer Tagung verfassen sie einen gemeinsamen Orientierungsplan. In diesem Plan sieht der Wolf mit den Seinen zu, dass möglichst viel gefressen wird und das Gefressene letztlich unter die Kontrolle der Wölfe kommt, nach dem Spruch: Wer hat, der hat.
Der Fuchs mit den Seinen, denen es nicht so sehr auf das Fressen ankommt, legt in diesem Orientierungsplan Spuren kreuz und quer, die verlockend nach allen denkbaren Richtungen gehen, nach dem Prinzip des Fuchses: Verwirrung stiften und alle Türen offen halten.
Nun wollen sie den Plan verwirklichen und begründen ein Projekt. Der Fuchs schlägt vor, zu dem reichen Bauern im Dorf zu gehen, der im Keller Fässer mit Fleisch für den Winter aufbewahrt. In der Nacht, so meint der Fuchs, könnten sie sich leise an die Fässer im Keller heranmachen und fressen, was sie vermöchten. Jeder aber, so sagte der Fuchs, sollte dokumentieren auf seine Weise. Später könne man ja das tun, was man die Auswertung nennt, dann, wenn man dazu die Ruhe und Muße hat.
Nun nimmt der Wolf ein dickes Buch mit, denn viel zu fressen und viel zu schreiben, das ist ja, was er will. Der Fuchs aber nimmt nur ein Blatt mit und ein Glöckchen. Der Wolf beginnt zu fressen und müht sich im Dunkeln, auch noch aufzuschreiben. Das ist beides beschwerlich, denn soll er schreiben, dann kann er nicht fressen und wenn er frisst, dann kann er nicht schreiben. So kommt er in Bedrängnis und in Hetze. Er frisst und schreibt und schreibt und frisst, und weil er weiß, dass die Zeit knapp ist, denn die Nacht ist kurz, so kommt er bald durcheinander. Der Bauch wird zwar dick, tut aber weh. Die Pfote wird zittrig und kann den Stift kaum noch halten. Und weil der doch lieber fressen als schreiben möchte, so beginnt er allmählich das Schreiben zu verfluchen.
Der Fuchs hingegen frisst nur wenig. Regelmäßig geht er zum Kellerfenster und schlüpft hinaus. Dort hängt er das Glöckchen auf. Und jedes Mal, wenn er springt, klingelt das Glöckchen. Das Papier legt er an den Ausgang. Und bei jedem Sprung gibt es von selbst eine Spur. Dann weiß er, wie oft er gesprungen ist.
Den Wolf, der schon von seinem Tun ganz durcheinander ist, regt das auf und er fragt: Warum springst du ständig durch das Fenster? Friss doch ordentlich und schreibe das auf! Der Fuchs sagt: Ich schlüpfe hinaus, um zu sehen, wann es hell wird und ob der Bauer kommt, dass wir beide beizeiten fliehen können!
Durch das ständige Klingen des Glöckchens wacht endlich der Bauer auf. Er hört Geräusche im Keller, nimmt einen dicken Knüppel und geht hinab. Der Fuchs ruft: Der Bauer kommt, der Bauer kommt! Und schlüpft zum Fenster hinaus.
Der Wolf packt sein dickes Buch, schleppt sich zum Fenster und bleibt mit Bauch und Buch darin stecken. Kein Wunder, dass der Bauer ihn leicht erschlagen kann.
Der Fuchs ist frei, lacht sich ins Fäustchen und sagt am Waldrand den Hasen, die neugierig herbeigekommen sind, Gute Nacht. Der Fuchs ist es auch, der mir die Geschichte erzählt hat. Und er meint, die Auswertung könnten doch wir machen.